Zur Budgetdebatte der Stadt Bern (Budget 2021)

Diese Woche fand im Stadtrat der erste Teil der Budgetdebatte für das Budget 2021 statt. Hier sind die wichtigsten Punkte aus meiner Sicht als Co-Fraktionspräsidentin der Grünliberalen

  1. Die Stadt Bern steht nicht nur einem coronabedingten konjunkturellen Defizit, sondern auch einem strukturellen Defizit gegenüber. Die Konsequenzen des Ausgabenwachstums der vergangenen Jahre sind nicht länger tragbar. Wenn wir jetzt nicht sparen, erhöhen wir die Verschuldung in einem Mass, das wir kommenden Generationen nicht zumuten dürfen. Wir müssen heute selbst für unsere Kosten aufkommen. Deshalb unterstützen wir das vom Gemeinderat vorgeschlagene und aktuell debattierte Sparpaket in der Höhe von 20 Mio CHF bei den laufenden Ausgaben.
  2. Wir wollen in der Krise nur so viel sparen, wie nötig, um die Bevölkerung und Unternehmen nicht zusätzlich zu belasten. Deshalb finden wir es sinnvoll, die Verschuldung vorübergehend zu erhöhen. Entsprechend haben die Rückweisungsanträge der bürgerlichen Fraktionen abgelehnt.
  3. Manche Budgetentscheide, welche wir heute für 2021 fällen, werden im 2022 bereits wieder korrigiert. Diese Korrektur kann gegen oben oder unten ausfallen. Dies gilt es der Bevölkerung zu vermitteln.
  4. Wir stehen erst am Anfang dieses Sparprozesses, der Härtetest steht uns noch bevor. Ab 2022 brauchen wir eine Priorisierung der Aufgaben und der damit verbundenen Ausgaben, welche wir über mehrere Jahre, konjunkturunabhängig aufrechthalten können. Um Parlament und Bevölkerung vom Sinn seiner Sparpakete zu überzeugen, ist es wichtig, dass der Gesamtgemeinderat zu seinem Sparpaketen steht, diese begründet und diese konsequent vertritt. Leider macht der Gesamtgemeinderat das heute nicht, im Gegenteil. Selbst Finanzdirektor Aebersold hat sich nicht eindringlich genug für seine eigenen Massnahmen eingesetzt (z.B. Kürzung der drei zusätzlichen Ferientage fürs städtische Personal)
  5. Die Politik in der Stadt Bern ist die Politik von RGM. RGM verfügt über eine überwältigende Mehrheit sowohl im Gemeinderat als auch im Parlament. Das Sparpaket, das uns vorgelegt wurde, ist in seiner Höhe und in seinem Inhalt ein RGM-Sparpaket. Wir werden als Mitte-Partei das Sparpaket des RGM-Gemeinderats nicht auf seine Sozialverträglichkeit prüfen. Von einem RGM-Gemeinderat, der mit sozialverträglichen Massnahmen wirbt, dürfen wir das erwarten.

Offensichtlich sind wir diejenige Fraktion, welche das Sparpaket des Gemeinderats am konsequentesten mitträgt. Wer uns kennt, weiss bestens, dass nicht Faulheit der Grund dafür ist. Wir haben alle Anträge diskutiert und diverse hatten Sympathien in unserer Fraktion. Wir sind aber davon überzeugt, dass die Verantwortlichen Personen in der Stadtverwaltung, die Konsequenzen eine Sparmassnahme am besten abschätzen können. Wir vertrauen dem Gemeinderat, wenn er sagt, er habe seine Hausaufgaben sorgfältig gemacht. Wir lehnen die Mehrheit den Anträge, welche vom Gemeinderatsvorschlag abweichen, ab. Handle es sich dabei um eine Erhöhung oder eine Reduktion der Ausgaben. Ausnahme ist die Veranstaltung Hallo-Velo, welche man aus unserer Sicht völlig schmerzlos streichen kann. Wie diese Veranstaltung eine Priorisierungsrunde überstehen konnte, erschliesst sich uns nicht, bei aller Liebe für unser Hauptverkehrsmittel dem Velo.

Wir werden das Budget 2021 unter folgenden Voraussetzungen zur Annahme empfehlen

  1. Wir sparen nicht dort, wo wir dafür sorgen, dass wir Einnahmen generieren. Wir sind erleichtert, dass das Wirtschaftsamt nicht in einem Schnellschuss halbiert wurde. Was das Wirtschaftsamt bringt, darf man gerne hinterfragen, muss man sogar. Aber mit der nötigen Sorgfalt.
  2. Wir sparen so, dass wir keinen Sanierungsrückstau an der Infrastruktur generieren, den zukünftige Generationen ausbaden müssen.
  3. Wir sparen so, dass wir nicht kurzfristig zwar sparen, aber langfristig höhere Kosten generieren. Dieses Risiko besteht insbesondere beim Sozialen.
  4. Wir halten uns an das vom Gemeinderat vorgegebene Sparziel. Wir werden eine Abweichung von maximal 20% akzeptieren (Massnahmen im Rahmen des Kinderbetreuungsreglements einbegriffen)

Zur Reduktion der Beiträge an die Kulturförderung in der freien Szene, die für Aufruhr und einem schönen und lauten Korridor von Bernerinnen und Bernern am Sitzungstag geführt hat. Es ist auf Anhieb tatsächlich kaum nachvollziehbar, weshalb der Gemeinderat in einer arg gebeutelten Branche, die von und für Veranstaltungen lebt, im ohnehin prekären Kulturschaffen, in der prekärsten Gruppe des professionellen Kulturschaffens, eine Reduktion der Ausgaben auf das Niveau von 2019 vorschlägt. Für uns waren zwei Gründe ausschlaggebend, weshalb wir auch diese Anträge abgelehnt haben. Erstens: Es handelt sich um eine Rückkehr aufs Ausgaben-Niveau 2019, das gerade erst noch Realität war. Zweitens: Vorläufig können leider deutlich weniger Veranstaltungen stattfinden und es gibt weniger Publikum. Dieses Problem lösen wir nicht durch eine Erhöhung der Förderbeiträge. Es gilt hier den sozialen Aspekt der Krise und die tatsächliche Kulturförderung zu trennen, wie dies auch der Stadtpräsident erklärt hat. Die Planungserklärung der GFL/EVP zur langfristigen Finanzplanung (IAFP), die eine kontinuierliche Erhöhung des relativen Anteils der Kulturförderung für die freien Szene verlangt (auf das vom Stadtrat vorgängig beschlossene Niveau) werden wir annehmen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass wir im 2019 die Erhöhung der Sitzungsgelder für den Stadtrat abgelehnt haben. Stattdessen haben wir eine “günstigere” Erhöhung der Fraktionsbeiträge vorgeschlagen, welche erst in der kommenden Legislatur hätte wirksam werden sollen. Leider fand dieser Antrag keine Mehrheit.